Bevor wir verstehen, warum viele Schweizer:innen selten über ihre Diäten sprechen, lohnt sich ein Blick auf die tief verankerten Werte im Alltag. Denn wie wir über Themen wie Gesundheit, Körper oder Veränderung sprechen – oder eben nicht sprechen – hat oft viel mit kulturellen Normen zu tun.
In kaum einem anderen Land ist Diskretion so sehr Teil des Alltags wie in der Schweiz. Das prägt auch den Umgang mit dem eigenen Körper – und mit Vorhaben wie einer Diät.
Die stille Kultur: Warum Zurückhaltung typisch schweizerisch ist
In der Schweiz gehört Zurückhaltung zum guten Ton. Man drängt sich nicht auf, man bewertet nicht vorschnell, und man achtet darauf, dass niemand das Gesicht verliert. Diese gesellschaftliche Grundhaltung prägt auch, wie über persönliche Themen gesprochen wird – etwa über Geld, Krankheiten oder eben das eigene Gewicht.
Eine Diät bedeutet oft: Ich bin mit meinem Körper nicht zufrieden. Ich will etwas verändern. Das kann verletzlich machen. In einer Kultur, in der man Privates lieber für sich behält, ist es deshalb nicht verwunderlich, dass Diäten selten offen thematisiert werden. Stattdessen versucht man oft, still und heimlich an sich zu arbeiten – ganz nach dem Motto: Erst handeln, dann reden. Oder besser noch: gar nicht reden.
Der Wunsch nach Harmonie – und die Angst vor Bewertung
Viele Schweizer:innen wachsen mit dem Gedanken auf, dass man niemandem zur Last fallen sollte. Wer öffentlich über seine Diät spricht, macht sich angreifbar. Fragen wie „Warum willst du denn abnehmen?“ oder Kommentare wie „Du brauchst doch keine Diät!“ wirken auf den ersten Blick harmlos, können aber verunsichern.
Hinzu kommt, dass Essen in der Schweiz stark mit Geselligkeit verbunden ist. Ob beim Fondue mit Freunden, dem Grillabend mit Nachbarn oder dem Apéro nach der Arbeit – gemeinsames Essen ist Teil der sozialen Identität. Wer plötzlich ablehnt oder „nur Salat“ isst, fällt auf. Und auffallen will man nicht. Also schweigt man lieber.
Diskretion statt Diätwahn: Ein stiller Umgang mit Selbstoptimierung
In anderen Ländern – etwa den USA oder auch Deutschland – ist es völlig normal, seine Diät öffentlich zu machen. Man postet Vorher-Nachher-Bilder, diskutiert Diätpläne in der Mittagspause oder zeigt stolz, wie viele Kilos man verloren hat.
In der Schweiz geht das vielen zu weit. Die Haltung ist eher: Du darfst machen, was du willst – aber bitte still. Es zählt das Ergebnis, nicht das Gerede. So kommt es, dass selbst grosse Veränderungen – etwa 10, 20 oder mehr Kilo Gewichtsverlust – oft ohne viel Aufhebens passieren. Vielleicht fällt es dem Umfeld auf, vielleicht auch nicht. Der Weg dorthin bleibt in der Regel privat.
Die Rolle von Werbung, Medien und sozialen Netzwerken
Natürlich sind auch Schweizer:innen von Medienbildern und Schlankheitsidealen umgeben. Fitness-Influencer:innen, Diät-Produkte, Detox-Kuren und Körpervergleiche gibt es auch hier. Doch der Ton ist subtiler. Während in anderen Ländern der Schlankheitsdruck oft offensiv propagiert wird, geschieht das in der Schweiz zwischen den Zeilen.
Viele Schweizer:innen nehmen diese Botschaften zwar auf, geben aber selten zu, sich davon beeinflussen zu lassen. Man will selbstbestimmt wirken – unabhängig, vernünftig, zurückhaltend. Auch das trägt dazu bei, dass man Diäten lieber für sich behält. Der Wunsch, nicht als „leicht beeinflussbar“ oder gar „eitel“ zu gelten, ist stark.
Das soziale Umfeld: Unterstützung oder stille Hürde?
Wer in der Schweiz eine Diät beginnt, trifft oft auf stilles Beobachten statt offene Unterstützung. Es gibt zwar Ausnahmen – etwa enge Freund:innen oder Familienmitglieder –, doch im erweiterten Umfeld dominiert meist Zurückhaltung.
Das kann hilfreich sein, weil niemand stört oder reinredet. Aber es kann auch einsam machen. Denn gerade beim Abnehmen ist Austausch wichtig: Man will Erfolge teilen, Rückschläge besprechen, Motivation tanken. Wer darüber nicht spricht, verzichtet auf diesen Rückhalt.
Viele versuchen daher, sich online Gleichgesinnte zu suchen – in Foren, auf Abnehmplattformen oder über soziale Medien. Dort kann man anonym bleiben und sich trotzdem verstanden fühlen. Diese digitalen Räume bieten genau das, was im Alltag oft fehlt: Offenheit ohne Urteil.
Die Schweizer Küche: Genuss statt Verzicht
Ein weiterer Grund, warum Schweizer:innen ungern über Diäten sprechen, liegt im Verhältnis zum Essen selbst. In der Schweiz wird gerne gut gegessen. Regionalität, Qualität und Genuss haben einen hohen Stellenwert. Diäten hingegen klingen oft nach Verzicht, nach Einschränkung, nach Zwang.
Das passt nicht zum kulinarischen Selbstbild vieler Schweizer:innen. Wer bewusst isst, hochwertige Produkte auswählt und das Essen zelebriert, möchte nicht das Gefühl haben, sich kasteien zu müssen. Deshalb werden viele Diäten nicht als solche bezeichnet – selbst wenn sie es faktisch sind.
Statt zu sagen „Ich mache eine Low-Carb-Diät“, heisst es dann eher: „Ich esse einfach bewusster.“ Oder: „Ich schaue ein bisschen besser auf mich.“ Diese Formulierungen sind typisch schweizerisch: freundlich, unverbindlich, diskret.
Zwischen Tradition und Moderne: Ein neues Verhältnis zu Körper und Ernährung
Trotz der traditionellen Zurückhaltung gibt es auch in der Schweiz eine wachsende Offenheit. Gerade jüngere Generationen sprechen freier über Körperbilder, mentale Gesundheit und Ernährung. Themen wie Body Positivity, intuitive Ernährung oder achtsames Essen gewinnen an Bedeutung – auch hierzulande.
Diese Entwicklungen führen dazu, dass Diäten allmählich anders verstanden werden: nicht mehr als kurzfristige Abmagerungskur, sondern als Teil eines bewussteren Lebensstils. In diesem neuen Kontext fällt es vielen leichter, darüber zu sprechen – allerdings oft ohne das Wort „Diät“ zu verwenden.
Denn dieses Wort ist nach wie vor negativ besetzt. Es klingt nach Zwang, nach Regeln, nach Fremdbestimmung. Stattdessen redet man über Balance, Wohlbefinden, Gesundheit. Und genau das trifft den Nerv vieler Schweizer:innen.
Die emotionale Komponente: Scham, Stolz, Unsicherheit
Abnehmen ist nie nur körperlich. Es berührt immer auch das Selbstwertgefühl. Wer abnimmt, weil er oder sie sich nicht wohlfühlt, trägt oft innere Zweifel mit sich herum. In einer Umgebung, die wenig über solche Themen spricht, bleibt vieles unausgesprochen.
Man schämt sich vielleicht für sein Übergewicht – will aber nicht darüber reden. Oder man ist stolz auf seine Erfolge – weiss aber nicht, wie man das mitteilen soll, ohne angeberisch zu wirken. Diese innere Zerrissenheit führt dazu, dass viele den einfacheren Weg wählen: Sie behalten alles für sich.
Dabei wäre genau das so wichtig – gerade beim Abnehmen: Austausch, Ermutigung, Echtheit. Es hilft, sich gesehen zu fühlen. Und es tut gut, zu wissen, dass man nicht allein ist.
Was das Schweigen über Diäten mit uns macht
Das kollektive Schweigen über Diäten kann entlastend sein – denn es bedeutet, dass niemand ständig bewertet wird. Gleichzeitig aber kann es auch isolieren. Denn wer nicht darüber redet, bekommt auch keine Unterstützung. Und wer sich nicht mitteilt, wird auch nicht verstanden.
Gerade deshalb braucht es neue Räume, in denen Schweizer:innen über ihre Erfahrungen sprechen können – ohne Druck, ohne Scham, ohne Perfektionsanspruch. Plattformen wie Abnehm-Reporter.ch können hier eine wichtige Rolle spielen: als vertrauensvolle Anlaufstelle für alle, die ihren Weg gehen – leise oder laut.
Fazit: Zwischen Diskretion und Dialog – der Schweizer Weg zum Wohlfühlgewicht
Schweizer:innen sprechen selten laut über Diäten – aus gutem Grund. Es ist Teil einer Kultur der Zurückhaltung, des Respekts und der Diskretion. Doch gerade in einer Welt voller Herausforderungen, Widersprüche und Körperideale wäre mehr Offenheit heilsam.
Denn am Ende geht es nicht darum, ob man laut oder leise abnimmt – sondern darum, dass man sich auf seinem Weg gesehen, verstanden und unterstützt fühlt. Und genau das macht den Unterschied.
2 Gedanken zum Mitnehmen:
- In der Schweiz zählt oft das Ergebnis mehr als der Weg. Wer abnimmt, will nicht darüber reden – sondern es einfach tun.
- Offenheit beim Abnehmen braucht Vertrauen. Wer sich mitteilt, braucht Räume, in denen man nicht bewertet, sondern verstanden wird.