Gesund abnehmen in der Schweiz

No menu items!

Die stille Scham: Warum viele heimlich abnehmen wollen

Viele Menschen wollen abnehmen – doch kaum jemand spricht offen darüber. Warum das so ist, hat tiefere Ursachen.

Im Alltag sieht man es immer wieder: Kolleg:innen, die plötzlich Wasser statt Süssgetränke trinken. Freund:innen, die beim gemeinsamen Essen einen Salat bestellen, obwohl sie eigentlich hungrig sind. Menschen, die sich in Fitnessstudios anmelden, ohne es jemandem zu erzählen. Und viele, die abends heimlich auf der Waage stehen, während sie sich insgeheim vor dem nächsten Treffen mit Bekannten fürchten. Abnehmen ist ein Thema, das fast alle betrifft – aber viele verstecken ihren Wunsch danach. Warum eigentlich? Was steckt hinter dem Bedürfnis, Gewicht zu verlieren, ohne dass es jemand merkt? Warum schämen sich so viele Menschen dafür, etwas für ihre Gesundheit tun zu wollen?

Abnehmen als geheimer Plan

Der Wunsch abzunehmen ist weit verbreitet. In der Schweiz fühlen sich laut Studien fast zwei Drittel der Erwachsenen unwohl mit ihrem Gewicht. Trotzdem sprechen viele nicht darüber – und handeln im Stillen.

Sie ändern ihre Ernährung ohne Ankündigung, sie bewegen sich mehr, ohne es zu erwähnen, und sie suchen im Internet nach Diät-Tipps, anstatt mit dem Hausarzt oder einer Freundin darüber zu reden. Es wirkt fast so, als wäre das Ziel zwar akzeptiert – aber der Weg dahin ein Tabu. Wer abnehmen will, möchte offenbar nicht, dass andere davon wissen. Und genau darin liegt die stille Scham.

Die Angst, sich zu blamieren

Ein Hauptgrund für das heimliche Verhalten ist die Angst zu scheitern – und dabei beobachtet zu werden. Wer offen sagt: „Ich will abnehmen“, setzt sich unter Druck. Familie, Freunde, Kolleg:innen – alle wissen Bescheid. Wenn der Erfolg ausbleibt oder der Jo-Jo-Effekt zuschlägt, ist das Gefühl des Versagens umso grösser. Heimlich abnehmen bedeutet, sich vor diesem Risiko zu schützen. Niemand weiss vom Vorhaben, also muss man sich auch nicht erklären, wenn es nicht klappt. Es ist ein emotionaler Selbstschutz, der jedoch den Weg einsam und beschwerlich macht.

Scham als ständiger Begleiter

Viele Übergewichtige haben über Jahre hinweg verletzende Kommentare erlebt – manchmal subtil, manchmal sehr direkt. Aussagen wie „Du hast aber zugenommen“, „Bist du sicher, dass du das essen willst?“ oder gar Blicke auf den Teller brennen sich tief ins Selbstwertgefühl. Diese Erfahrungen hinterlassen Spuren. Wer solche Bemerkungen erlebt hat, wird beim nächsten Abnehmversuch vorsichtiger. Das Gewicht wird zur intimen Angelegenheit. Selbst Menschen im Normalgewicht, die sich trotzdem unwohl fühlen, wollen sich oft nicht rechtfertigen müssen. Die stille Scham ist nicht immer logisch, aber sie ist real.

Gesellschaftliche Erwartungen und Druck

In unserer Gesellschaft wird oft ein klar definiertes Schönheitsideal vermittelt: schlank, sportlich, fit. Wer diesem Ideal nicht entspricht, fühlt sich schnell ungenügend – selbst wenn die gesundheitlichen Werte in Ordnung sind. Gleichzeitig wird aber auch erwartet, dass man das Beste aus sich macht. Dieses Spannungsfeld erzeugt Druck. Wer übergewichtig ist, soll bitte abnehmen – aber bitte nicht lautstark oder sichtbar. Und wer normalgewichtig ist, darf sich keinesfalls beschweren. So entsteht eine paradoxe Situation: Man darf zwar nicht dick sein, aber das Abnehmen bitte diskret erledigen. Dieses gesellschaftliche Doppelmoral fördert heimliches Verhalten.

Abnehmen ist emotional – und das verunsichert

Essen ist mehr als nur Nährstoffaufnahme. Es ist Trost, Belohnung, Ritual. Wer beginnt, daran zu rütteln, verändert oft nicht nur seinen Körper, sondern auch sein Selbstbild. Das macht verletzlich. Wer sich verändert – sei es durch bewusstes Essen, neue Routinen oder mehr Bewegung – zeigt nach aussen: „Ich bin nicht zufrieden mit mir.“ Das offen zu zeigen, ist mutig. Viele trauen sich diesen Schritt nicht, weil sie befürchten, dadurch angreifbar zu werden. Sie haben Angst vor Kommentaren, vor Blicken, vor Bewertungen. Also lieber still verändern als offen darüber sprechen.

Heimlich starten – später teilen?

Interessanterweise berichten viele Menschen, dass sie sich erst nach den ersten Erfolgen trauen, über ihre Abnehmreise zu sprechen. Wenn die ersten Kilos weg sind, der Hosenbund lockerer sitzt oder Komplimente kommen, fällt es leichter, offen zu sein. Der sichtbare Erfolg scheint eine Legitimation zu sein: „Jetzt darf ich erzählen, was ich getan habe.“ Vorher hingegen ist alles mit Unsicherheit und Selbstzweifeln verbunden. Wer heimlich startet, möchte sich selbst erst einmal beweisen, dass es klappen kann.

Die Rolle von Social Media – Fluch oder Chance?

Auf Plattformen wie Instagram oder TikTok teilen viele Menschen ihre Erfolge, Mahlzeiten und Transformationen. Für manche ist das motivierend, für andere einschüchternd. Wer das Gefühl hat, mit perfekt gestylten Fitnessblogger:innen mithalten zu müssen, verliert schnell den Mut. Deshalb meiden viele diesen öffentlichen Weg. Gleichzeitig können Social-Media-Communities auch Rückhalt geben – wenn man die richtigen Kanäle findet. In geschlossenen Gruppen, unter Gleichgesinnten, entsteht oft ein sicherer Raum. Doch bis man diesen findet, bleibt der Wunsch oft ein Geheimnis.

Selbstoptimierung ohne Sichtbarkeit

In einer Zeit, in der fast alles geteilt wird – vom Frühstück bis zum Fitness-Tracker – ist es paradox, dass Abnehmen so oft im Verborgenen stattfindet. Vielleicht gerade deshalb. Manche möchten sich der digitalen Dauerbeobachtung entziehen, wollen nicht bewertet oder analysiert werden. Sie möchten sich verändern, ohne dass jeder Schritt kommentiert wird. Diese Haltung ist nachvollziehbar – aber sie nimmt einem auch die Chance auf Unterstützung und Motivation.

Heimliches Abnehmen im Alltag – typische Verhaltensweisen

Viele Strategien wirken auf den ersten Blick wie gesunde Gewohnheiten – aber dahinter steckt oft der Versuch, nicht aufzufallen:

  • Man sagt im Restaurant, man sei „nicht so hungrig“, bestellt aber bewusst kalorienärmere Gerichte.
  • Man isst im Büro zu Mittag, wenn niemand hinschaut – aus Angst vor Kommentaren.

Diese Verhaltensweisen schützen, aber sie isolieren auch. Denn wer sich ständig versteckt, verliert irgendwann die Leichtigkeit im Umgang mit dem Thema.

Was helfen kann, aus der Heimlichkeit auszubrechen

Es braucht Mut, über das eigene Gewicht zu sprechen – und noch mehr, wenn man aktiv etwas daran ändern möchte. Dennoch kann es befreiend sein, sich zumindest einer vertrauten Person anzuvertrauen. Ein Gespräch mit einem verständnisvollen Menschen kann den Unterschied machen. Auch das Schreiben eines Tagebuchs oder das Führen eines Ernährungstagebuchs (analog oder digital) kann helfen, Klarheit zu gewinnen und die eigenen Fortschritte zu dokumentieren.

Zudem lohnt es sich, die eigenen Beweggründe zu hinterfragen: Für wen möchte ich abnehmen? Für mich – oder um anderen zu gefallen? Diese Frage kann der erste Schritt zu einem selbstbestimmten Weg sein.

Die besondere Situation in der Schweiz

In der Schweiz sind Zurückhaltung und Privatsphäre besonders stark ausgeprägt. Persönliche Themen wie Gewicht, Körperbild oder Gesundheit gelten oft als zu intim für offene Gespräche – selbst im Freundeskreis. Diese kulturelle Prägung verstärkt das stille Verhalten beim Abnehmen. Gleichzeitig gibt es aber auch eine wachsende Zahl an Angeboten: Ernährungsberatungen, Kurse, Gruppenprogramme und digitale Coachings – viele davon anonym und diskret nutzbar. Wer also nicht darüber sprechen möchte, findet trotzdem Unterstützung.

Fazit: Zwischen Selbstschutz und Einsamkeit

Heimlich abnehmen ist verständlich – aber oft auch einsam. Die Scham vor der Veränderung, die Angst zu scheitern, die Unsicherheit gegenüber der Reaktion anderer – all das macht es schwer, offen mit dem Thema umzugehen. Doch genau diese Offenheit kann der Schlüssel sein: für mehr Unterstützung, mehr Motivation und mehr Leichtigkeit.

Wer sich traut, über seine Ziele zu sprechen, gewinnt oft mehr, als er verliert. Und wer den Mut hat, sich selbst anzunehmen – auch auf dem Weg zur Veränderung – wird nicht nur leichter, sondern auch freier.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Sehr beliebte Artikel

Treppe statt Lift – so baust du Mikro-Workouts in den Tag ein

Die meisten von uns bewegen sich weniger, als sie...

Apéro light: So funktioniert der gesunde Genuss im Freundeskreis

Ein Apéro gehört zur Schweiz wie die Berge zum...

Paare auf Diät: Wenn Liebe durch den Magen geht

Der Satz „Liebe geht durch den Magen“ klingt romantisch...

Emmentaler vs. Tilsiter – welcher ist besser bei Diät?

Emmentaler oder Tilsiter – was landet bei dir häufiger...

Der Stellenwert von Essen in Schweizer Familien

Gemeinsame Mahlzeiten sind in vielen Schweizer Familien mehr als...

Ebenfalls interessant

- Anzeige / Werbung -

Weitere Artikel der Kategorie

- Anzeige / Werbung -