Wir sind keine Influencer, keine Fitness-Coaches und erst recht keine Ernährungsberater. Wir sind einfach vier ganz normale Menschen, die zufällig zusammen in einer WG in Zürich leben. Oder besser gesagt: lebten. Denn nach unserem gemeinsamen Abnehmprojekt ist nicht nur das Gewicht verschwunden – auch unser WG-Alltag hat sich grundlegend verändert. In diesem Artikel erzählen wir dir ehrlich, wie wir als Wohngemeinschaft zusammen 40 Kilo abgenommen haben. Und warum wir heute sagen: Allein hätten wir das nie geschafft.
Der Anfang: Viel Pasta, wenig Bewegung – und ein gemeinsamer Frust
Unsere WG bestand aus vier Leuten zwischen Mitte 20 und Anfang 30 – zwei Frauen, zwei Männer. Wir lebten mitten in Zürich, arbeiteten alle in unterschiedlichen Berufen und waren trotz Terminstress ein eingespieltes Team. Nur beim Thema Gesundheit lief es nicht rund.
Die Küche war oft leer, der Tiefkühler voll mit Pizzas, die Einkaufsliste eine Aneinanderreihung von Convenience-Produkten. Essen bedeutete meistens: schnell, günstig, sättigend. Sport? Fehlanzeige. Wenn überhaupt, mal ein Spaziergang zur nächsten Badi oder der Sprint zur letzten Tram.
Im Herbst 2024 kam dann der Wendepunkt. Ein Abend, an dem wir alle müde und frustriert am Esstisch sassen, jeder mit seinem eigenen Fertiggericht vor sich. Der Blick auf die Waage zuvor hatte bei uns allen für Stirnrunzeln gesorgt – das summierte sich auf stolze 40 Kilo Übergewicht, verteilt auf vier Körper.
Die Idee: Warum nicht gemeinsam?
An diesem Abend entstand die Idee, es gemeinsam anzugehen. Keine Einzelkämpferei mehr, kein Diätfrust im Stillen. Sondern ein Gruppenprojekt. Wie eine Challenge – aber mit Herz.
Wir setzten uns zusammen, diskutierten offen über unsere Ziele, Ängste und bisherigen Diätversuche. Schnell war klar: Wir wollten keine Crash-Diät, sondern einen nachhaltigen Weg. Jeder sollte sein eigenes Tempo gehen – aber im Rahmen gemeinsamer Regeln und mit gegenseitiger Unterstützung.
Unser WG-Abnehmplan: flexibel, ehrlich, alltagstauglich
Wir beschlossen, nicht alles über den Haufen zu werfen, sondern Schritt für Schritt Veränderungen einzuführen. Drei Grundpfeiler bildeten die Basis:
- Gemeinsames Kochen statt Einzelportionen: Wir planten pro Woche mindestens drei gemeinsame Mahlzeiten, frisch gekocht, ausgewogen und lecker.
- Mehr Bewegung im Alltag: Keine fixen Trainingspläne, aber feste Spazierzeiten, gelegentliche Home-Workouts im Wohnzimmer und ein Schrittzähler-Wettbewerb.
- Offene Kommunikation: Wer einen Durchhänger hatte, sprach ihn an. Kein Verurteilen, sondern ehrliches Zuhören und neue Motivation.
Der Kühlschrank wurde zum Symbol
Eines der ersten sichtbaren Zeichen war unser Kühlschrank. Aus einem Ort voller Softdrinks und Fertigsaucen wurde er zur bunten Oase: frisches Gemüse, Hummus, Quark, gekochte Linsen, Beeren, Overnight Oats. Und ja – es gab auch Ausnahmen. Wir wollten bewusst nicht in ein Schwarz-Weiss-Denken verfallen.
Eine kleine Tafel an der Kühlschranktür wurde zum Motivations-Board. Dort trugen wir unsere Etappenziele ein, liessen kleine Post-its mit lustigen Kommentaren da („Brokkoli ist das neue Gold!“), und feierten Erfolge mit Herzchen und Mini-Pokalen.
Was uns wirklich geholfen hat
Jeder in der WG hatte andere Schwächen. Die eine liebte Süsses, der andere war Chips-süchtig. Einer war Bewegungsmuffel, die andere hatte ständig Stressessen im Homeoffice. Aber genau diese Vielfalt war unsere Stärke – denn wir konnten uns gegenseitig ausgleichen.
Wir merkten bald: Was uns wirklich half, war der gemeinsame Alltag. Wir sahen, wenn jemand müde war, und kochten dann gemeinsam etwas Schnelles. Wir erinnerten uns daran, Pausen zu machen. Und wir feierten – nicht nur die Kilos, sondern auch die kleinen Schritte: eine neue Joggingrunde, ein Abend ohne Snacks, ein Kompliment von aussen.
Die grössten Hürden auf unserem Weg
Natürlich war nicht alles rosig. Wir hatten auch unsere Krisen:
- Motivationslöcher: Besonders im Dezember, als Weihnachtsguetzli lockten und der Kühlschrank plötzlich wieder Schoggi enthielt.
- Diskussionen ums Essen: Was ist gesünder – Vollkornpasta oder Zoodles? Darf man Light-Produkte verwenden oder lieber „natürlich“ essen?
- Unterschiedliche Fortschritte: Während zwei von uns recht schnell abnahmen, stagnierte es bei den anderen. Das sorgte für Frust – aber auch für wichtige Gespräche über Druck und Vergleiche.
Warum wir trotzdem drangeblieben sind
Was uns letztlich am Ball bleiben liess, war das Gefühl, nicht allein zu sein. Wenn einer aufgeben wollte, stand schon der nächste in der Küche mit einem Smoothie oder einem Spazier-Vorschlag. Es war wie eine innere Verbindlichkeit – nicht aus Zwang, sondern aus Solidarität.
Ein Highlight war unser „Healthy Friday“: Jeden Freitagabend gab es ein neues, gesundes Gericht aus einem anderen Land. Thai-Curry mit Tofu, mexikanische Bowls, vegane Lasagne. Dabei entdeckten wir neue Zutaten, kochten gemeinsam – und hatten viel Spass.
Unsere grössten Aha-Erlebnisse
- Zuckerfrei geht wirklich – nach ein paar Tagen! Der Entzug war hart, aber plötzlich vermisste niemand mehr die tägliche Cola oder die Toffifees.
- Bewegung ist Kopfsache: Auch ohne Fitnessstudio kann man fit werden – mit Tanzen, Spaziergängen, Homeworkouts.
- Selbstgekochtes macht glücklicher: Es ging nie nur ums Abnehmen, sondern um Genuss und Wertschätzung.
Nach 6 Monaten: Minus 40 Kilo, plus Lebensfreude
Nach einem halben Jahr hatten wir als WG zusammen 40 Kilo abgenommen:
- Lisa: -11 kg
- Ramon: -9 kg
- Nina: -13 kg
- Jan: -7 kg
Aber noch wichtiger: Wir waren wacher, fitter, fröhlicher. Unsere Haut wurde besser, unser Schlaf tiefer. Der WG-Alltag hatte sich verändert – mehr Struktur, weniger Chaos, mehr Miteinander.
Auch unsere Vorratskammer war jetzt anders: Linsen, Haferflocken, Nüsse, Hülsenfrüchte, dunkle Schokolade. Und ja, manchmal gab’s auch Pizza. Aber dann eben selbstgemacht, mit Dinkelboden und frischem Belag.
Was wir anderen mitgeben möchten
- Abnehmen ist kein Einzelsport: Such dir Menschen, die dich mitziehen. Ob WG, Freund:innen, Familie – gemeinsam geht’s besser.
- Perfekt sein bringt nichts: Der 90:10-Ansatz hat uns geholfen – 90 % bewusst, 10 % locker.
- Vertrau auf kleine Schritte: Du musst nicht heute alles ändern. Fang mit einem Frühstück an.
Und heute?
Inzwischen leben wir nicht mehr alle zusammen. Beruf, Liebe und neue Wohnungen haben uns auseinandergeführt. Aber was bleibt, ist ein Netzwerk. Eine Whatsapp-Gruppe mit dem Namen „Kilo-Kombo“, regelmässige Treffen, bei denen wir gemeinsam kochen und wandern gehen.
Der Sommer nach unserer WG-Challenge war der erste, an dem wir alle ohne schlechtes Gewissen ins Freibad gingen. Nicht, weil wir plötzlich Modelmasse hatten – sondern weil wir uns wohl fühlten. Weil wir wussten, was wir geschafft hatten. Gemeinsam.