Viele Berufstätige in der Schweiz essen regelmässig in der Kantine – sei es im Büro, in der Schule, im Spital oder im Produktionsbetrieb. Das ist praktisch, schnell und oft günstiger als auswärts essen. Doch so bequem die Mittagsverpflegung auch ist: Die Speisenauswahl ist nicht immer optimal für alle, die abnehmen oder sich gesünder ernähren möchten. Überbackene Gratins, Sahnesaucen, frittiertes Fleisch, Softdrinks und süsse Desserts gehören vielerorts zum Standardangebot.
Doch mit einem geschulten Blick, etwas Vorbereitung und klaren Entscheidungen lässt sich selbst in der Kantine überraschend gesund essen – und das ohne asketischen Verzicht oder ständige Kontrolle. In diesem Artikel zeige ich dir, worauf du achten solltest, wenn du in der Kantine isst, welche versteckten Kalorien du meiden kannst und wie du deine Ernährung auch im betrieblichen Umfeld an deine Ziele anpasst.
Kantine: Fluch oder Segen für die Ernährung?
Ob man die Kantine als ernährungsfreundlich empfindet, hängt stark von der eigenen Haltung und dem Angebot ab. In vielen Schweizer Betrieben gibt es inzwischen auch gesunde Optionen – Salatbuffets, vegetarische Menüs oder ausgewogene Tagesgerichte. Doch selbst dort, wo weniger Auswahl herrscht, kannst du Einfluss nehmen.
Kantinen bieten Vorteile:
- Du musst nichts vorkochen oder mitnehmen
- Du kannst mit Kolleg:innen essen – das stärkt den sozialen Austausch
- Du hast täglich eine warme Mahlzeit
Aber es gibt auch Herausforderungen:
- Eingeschränkte Auswahl, v. a. für Vegetarier:innen oder bei Diäten
- Verlockende Extras wie Nachspeisen, Softdrinks oder zusätzliche Beilagen
- Portionen sind oft grösser als notwendig
Die Lösung liegt darin, bewusst zu wählen – und sich selbst ein paar einfache Strategien zurechtzulegen.
Regel 1: Schau dir das gesamte Angebot an, bevor du entscheidest
Viele Kantinengäste greifen direkt zu dem, was sie kennen oder mögen – oft aus Gewohnheit oder Hunger. Dabei lohnt es sich, zuerst einen Überblick über das gesamte Menüangebot zu verschaffen.
Frage dich:
- Gibt es eine leichtere, vegetarische Alternative?
- Welche Beilage ist die sinnvollste für mich?
- Kann ich Beilagen oder Saucen tauschen?
Tipp: Wenn die Kantine ein Wochenmenü veröffentlicht, wirf bereits morgens einen Blick darauf – so kannst du deine Entscheidung besser vorbereiten.
Regel 2: Entscheide dich bewusst für eine Hauptkomponente
Statt einfach „alles ein bisschen“, wähle gezielt eine Hauptkomponente:
- Eine Proteinquelle (z. B. mageres Fleisch, Fisch, Tofu, Ei)
- Eine sättigende, komplexe Kohlenhydratquelle (z. B. Vollkornreis, Linsen, Quinoa)
- Viel Gemüse als Volumen- und Ballaststoffträger
Oft kannst du z. B. das Schnitzel weglassen, aber dir mehr Gemüse schöpfen lassen. Oder du nimmst nur eine halbe Portion Teigwaren und ergänzt mit Salat.
Regel 3: Sag bewusst Nein zu Saucen und Überbackenem
Eines der grössten Kalorienprobleme in Kantinen sind die Saucen und Käsehauben. Sahnesaucen, Bratensaucen oder Rahmüberbackungen liefern kaum Sättigung, aber viele Kalorien und Fett.
Frage beim Personal nach:
- Gibt es die Sauce separat?
- Kann ich das Gericht ohne Käsehaube haben?
- Gibt es Öl und Essig statt Fertigdressing beim Salat?
Viele Kantinen zeigen sich kooperativ – wenn man freundlich fragt.
Regel 4: Greif zum Salat – aber achte aufs Dressing
Salat ist fast immer eine gute Wahl – aber nur, wenn du ihn nicht mit Sahnedressing, Croutons, Speck oder fettreichem Käse kombinierst. Ein frischer, knackiger Salat mit Öl und Essig (oder Zitronensaft) ist eine perfekte Beilage oder sogar Hauptmahlzeit.
Ideen für eine nahrhafte Salatschale:
- Gemischter Salat mit Rüebli, Peperoni, Gurke, etwas Olivenöl
- Protein-Topping wie Ei, Tofu, Hüttenkäse, Linsen oder Thunfisch
- Sämige Dressings vermeiden – lieber selbst Öl & Essig mischen
Tipp: Nimm dir ein kleines Fläschli mit selbstgemachtem Dressing mit ins Büro – so bist du unabhängig vom Kantinenangebot.
Regel 5: Beobachte deine Portionsgrössen
Ein häufiges Problem in der Kantine: Die Portionen sind grösser als zuhause. Auch wenn du „nur das Gesunde“ isst – zu grosse Mengen können dein Kalorienziel sprengen.
So behältst du die Kontrolle:
- Iss langsam und hör auf dein Sättigungsgefühl
- Nimm keine Nachschläge – auch wenn es verlockend ist
- Bestelle bewusst kleinere Portionen, wenn möglich
In vielen Kantinen kann man z. B. halbe Beilagen bestellen oder sich Gemüse doppelt schöpfen lassen – frag einfach nach.
Regel 6: Trinke schlau
Softdrinks, Süssgetränke oder Fruchtsäfte in der Kantine sind echte Zuckerfallen. Ein Glas Cola enthält oft mehr als 100 kcal – ohne Sättigung.
Die beste Wahl:
- Wasser mit oder ohne Kohlensäure
- Ungesüsster Tee (heiss oder kalt)
- Mineralwasser mit Zitronenscheibe
Wenn du regelmässig Kantine isst, summieren sich Getränkekalorien schnell – daher lohnt sich Umstieg.
Regel 7: Sag bewusst Nein zum Dessert – oder wähle klug
Dessert-Angebote in Kantinen sind oft üppig: Schokoladenmousse, Crème brûlée, Vanillepudding, Kuchen, Glacé. Klar, sie schmecken – aber sie sind fast nie nötig.
Frage dich ehrlich:
- Habe ich wirklich Lust – oder esse ich nur, weil es da ist?
- Tut mir der Zucker heute gut – oder macht er mich müde?
Wenn du nicht verzichten willst, dann:
- Teile das Dessert mit einer Kollegin oder einem Kollegen
- Wähle ein kleines Stück dunkle Schokolade
- Greif zu Naturjoghurt oder einem kleinen Stück Obst
Regel 8: Denk über den Tellerrand – Bring deinen Mix mit
Manche Kantinen erlauben es, eigene Komponenten mitzubringen – z. B. ein selbst gemachtes Dressing, ein hartgekochtes Ei, ein Proteinshake oder gesunde Snacks fürs Zvieri.
Auch möglich:
- Kantinensalat mit mitgebrachtem Linsen-Topping
- Hauptmahlzeit mit eigenem Vollkornbrot ergänzen
- Weniger Kantinenessen + mehr eigenes Gemüse
Tipp: Frag freundlich nach, was erlaubt ist – viele Betriebe zeigen sich flexibel, wenn du eigene Gesundheit ernst nimmst.
Regel 9: Kantinen-Essen in deinen Wochenplan integrieren
Wenn du weisst, dass du 3–5x pro Woche in der Kantine isst, plane deine restliche Ernährung entsprechend:
- An Kantinentagen abends leicht essen (z. B. Suppe oder Gemüsepfanne)
- Frühstück proteinreich gestalten – für stabile Energie
- Nicht zusätzlich am Nachmittag snacken, wenn das Mittagessen reichlich war
Ein Ernährungstagebuch oder digitales Tracking kann dir helfen, deine Kantinen-Tage im Blick zu behalten – ohne Zwang, aber mit Struktur.
Regel 10: Nimm dir Zeit – auch in der Kantine
Viele essen in der Kantine schnell, nebenbei, im Stress. Doch gerade das verstärkt das Risiko, zu viel oder unbewusst zu essen.
Tipp: Setz dich bewusst hin, nimm dir 15–20 Minuten, schau auf deinen Teller, atme durch. Selbst wenn du nur kurz Zeit hast: Mach aus deiner Mittagspause eine richtige Pause.
Wer bewusst isst, bleibt länger satt, fühlt sich zufriedener und hat weniger Heisshunger später.
Fazit: Kantine und gesunde Ernährung schliessen sich nicht aus
Es liegt in deiner Hand, wie du dich in der Kantine ernährst. Du musst nicht immer alles perfekt machen – aber du kannst mit kleinen Entscheidungen viel verändern. Wer bewusst wählt, freundlich nachfragt und sich auf das Wesentliche konzentriert, kann auch aus einer durchschnittlichen Kantine viel herausholen.
Sei nicht zu streng – aber sei wach. Du darfst geniessen, aber du darfst auch loslassen, wenn du merkst: Diese Sauce, dieses Dessert, dieser Nachschlag tun mir heute nicht gut.
Gesunde Ernährung beginnt nicht im Kühlschrank – sondern in deiner Haltung. Und selbst am Kantinentablett kannst du achtsam, genussvoll und leicht essen.