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Was genau ist Adipositas – und wo liegt die medizinische Grenze?

Adipositas ist mehr als nur "zu viel Gewicht" – sie ist eine anerkannte chronische Erkrankung mit ernstzunehmenden Folgen.

In der Schweiz leben laut Bundesamt für Statistik über 40% der Erwachsenen mit Übergewicht, rund 11% sogar mit Adipositas. Doch was bedeutet das eigentlich konkret? Ab wann gilt man medizinisch als adipös – und warum ist diese Unterscheidung überhaupt so wichtig? Viele Menschen setzen starkes Übergewicht noch immer mit „mangelnder Disziplin“ gleich.

Dabei steckt weitaus mehr dahinter: genetische Veranlagung, hormonelle Störungen, psychische Belastungen und eine Umwelt, die es schwer macht, gesund zu leben. Wer sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzt, merkt schnell: Adipositas ist keine einfache Rechnung aus Kalorien und Bewegung, sondern eine komplexe Herausforderung, die individuelle, gesellschaftliche und medizinische Antworten braucht.

Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel und erklärt auf verständliche Weise, was Adipositas wirklich ist, welche medizinischen Kriterien gelten – und warum eine frühe Einordnung so entscheidend für die Gesundheit sein kann.

Was bedeutet „Adipositas“ eigentlich?

Der Begriff Adipositas stammt vom lateinischen Wort adeps ab, was Fett bedeutet. In der Medizin bezeichnet er ein über das gesunde Maß hinausgehendes Fettgewebe im Körper. Adipositas ist also keine Modeerscheinung oder ein subjektives Empfinden, sondern eine klar definierte chronische Erkrankung, die langfristig zu schweren gesundheitlichen Problemen führen kann.

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und auch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) stufen Adipositas eindeutig als Gesundheitsrisiko ein. Diese Einordnung bedeutet: Adipositas kann nicht nur die Lebensqualität beeinträchtigen, sondern auch die Lebenserwartung deutlich reduzieren. Besonders problematisch ist dabei, dass Adipositas meist nicht isoliert auftritt, sondern in Kombination mit anderen Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Bluthochdruck oder Diabetes.

Der Body-Mass-Index: Einfach, aber nicht perfekt

Zur Einordnung, ob eine Person adipös ist oder nicht, wird vor allem der Body-Mass-Index (BMI) verwendet. Er berechnet sich nach folgender Formel:

BMI = Körpergewicht in kg / (Körpergrösse in m)^2

Beispiel: Eine Person mit 95 kg bei 1,70 m hat einen BMI von etwa 32,9.

Die WHO definiert folgende BMI-Klassen:

  • Untergewicht: unter 18,5
  • Normalgewicht: 18,5 bis 24,9
  • Übergewicht (Präadipositas): 25 bis 29,9
  • Adipositas Grad I: 30 bis 34,9
  • Adipositas Grad II: 35 bis 39,9
  • Adipositas Grad III (sogenannte morbide Adipositas): ab 40

Damit gilt in der Schweiz jede Person mit einem BMI von 30 oder mehr als medizinisch adipös. Diese Schwelle ist nicht willkürlich festgelegt, sondern basiert auf umfangreichen Studien, die ein erhöhtes Risiko für zahlreiche Erkrankungen bei diesen BMI-Werten belegen.

Doch der BMI hat auch seine Schwächen: Er unterscheidet nicht zwischen Fett- und Muskelmasse. Ein Bodybuilder kann einen hohen BMI haben, ohne ein Gramm zu viel Fett mit sich herumzutragen. Ausserdem berücksichtigt der BMI keine Altersunterschiede, keine ethnischen Unterschiede und auch keine körperliche Konstitution. Deshalb werden in der Diagnostik oft weitere Faktoren hinzugezogen, um ein genaueres Bild zu erhalten.

Taillenumfang & Taille-Hüft-Verhältnis: Aussagekräftiger als der BMI

Besonders aussagekräftig für das Gesundheitsrisiko ist die Fettverteilung. Bauchfett gilt als besonders kritisch, da es hormonell aktiv ist und Entzündungsprozesse im Körper begünstigt. Dieses viszerale Fett sammelt sich um die Organe im Bauchraum an und steht in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und metabolische Erkrankungen.

Ein zu grosser Taillenumfang weist auf sogenannte viszerale Adipositas hin – das heisst Fettansammlung um innere Organe herum:

  • Frauen: kritisch ab 88 cm
  • Männer: kritisch ab 102 cm

Auch das Taille-Hüft-Verhältnis (WHR) liefert wichtige Hinweise. Es wird berechnet, indem man den Taillenumfang durch den Hüftumfang teilt.

  • Frauen: WHR > 0,85 ist kritisch
  • Männer: WHR > 1,0 ist kritisch

Diese Messungen erlauben eine individuellere Risikobewertung als der BMI allein. Besonders in der Schweiz, wo Menschen sehr unterschiedliche Lebens- und Bewegungsgewohnheiten haben, können solche Werte helfen, gezielt aufzuklären und zu unterstützen.

Adipositas ist nicht gleich Adipositas

Nicht jede Form von starkem Übergewicht hat denselben Einfluss auf die Gesundheit. Die moderne Medizin unterscheidet daher zwischen verschiedenen Adipositas-Typen:

  • Metabolisch gesunde Adipositas: Betroffene haben trotz hohen Gewichts keine typischen Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck.
  • Metabolisch ungesunde Adipositas: Hier treten bereits Stoffwechselstörungen, Fettleber, Insulinresistenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf.

Diese Unterscheidung ist wichtig, denn sie zeigt: Nicht allein das Gewicht bestimmt das Risiko, sondern das Zusammenspiel von Fettverteilung, genetischer Veranlagung, Lebensstil und innerer Gesundheit. Wer metabolisch gesund bleibt, kann mit fachlicher Begleitung langfristig gesünder leben, auch wenn der BMI im adipösen Bereich liegt.

Auch genetische Faktoren, Alter, Bewegungsmangel oder bestimmte Medikamente beeinflussen, wie riskant das Fett für den Körper ist. Besonders Frauen in der Menopause oder Menschen mit chronischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, adipös zu werden, ohne es sofort zu merken.

Ursachenforschung: Warum wird man adipös?

Adipositas entsteht durch ein langfristiges Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Doch so simpel das klingt, so komplex sind die Ursachen. Tatsächlich ist kaum eine andere Krankheit so eng mit gesellschaftlichen, emotionalen und körperlichen Einflüssen verflochten wie Adipositas.

  • Ernährung: Hochkalorische, fett- und zuckerreiche Nahrung ist in der Schweiz rund um die Uhr verfügbar. Oft sind die günstigsten Lebensmittel im Supermarkt auch die ungesündesten.
  • Bewegungsmangel: Sitzende Tätigkeiten, Autofahren, Bildschirmzeit – viele Menschen bewegen sich zu wenig. Gleichzeitig fehlen im Alltag oft niederschwellige Angebote zur Bewegung.
  • Genetik: Bestimmte Gene beeinflussen Appetit, Fettverwertung und Sättigungsgefühl. Studien zeigen, dass die genetische Prägung einen erheblichen Einfluss auf das individuelle Adipositasrisiko hat.
  • Hormonelle Einflüsse: Schilddrüsenunterfunktion, Insulinresistenz oder ein erhöhter Cortisolspiegel fördern Gewichtszunahme. Auch hormonelle Umstellungen wie in der Schwangerschaft oder Menopause spielen eine Rolle.
  • Psychische Belastungen: Stress, Depressionen und emotionale Traumata können Essverhalten massiv beeinflussen. Viele Betroffene berichten von einem „emotionalen Hunger“, der schwer zu kontrollieren ist.
  • Sozioökonomische Faktoren: Menschen mit geringem Einkommen und niedrigem Bildungsstand sind überdurchschnittlich betroffen. Sie leben häufig in Umfeldern, in denen gesunde Lebensweise schwerer umsetzbar ist.

Diese Vielschichtigkeit macht die Behandlung von Adipositas zu einer interdisziplinären Herausforderung. Es geht nicht nur ums Abnehmen, sondern um das Verstehen und Verändern von Lebensrealitäten.

Wann wird Adipositas zur Krankheit?

Adipositas ist mehr als ein kosmetisches Problem. Sobald das Übergewicht beginnt, Organe zu schädigen oder Stoffwechselvorgänge zu stören, spricht man von einer behandlungsbedürftigen Erkrankung.

Typische Folgeerkrankungen sind:

  • Typ-2-Diabetes
  • Bluthochdruck
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Koronare Herzkrankheit
  • Schlafapnoe
  • Fettleber
  • Arthrose
  • Hormonstörungen (z. B. PCOS)

Darüber hinaus können psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen entstehen. Auch das Risiko für bestimmte Krebsarten steigt mit dem Ausmaß des Übergewichts. Die medizinische Grenze ist also nicht nur der BMI – entscheidend ist, ob bereits Folgeerkrankungen vorliegen oder ein erhöhtes Risiko besteht. Dabei ist das Zeitfenster für wirksames Gegensteuern oft größer, als viele glauben.

Wie wird Adipositas in der Schweiz medizinisch behandelt?

Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad und der individuellen Situation. In der Schweiz gilt Adipositas seit 2022 offiziell als chronische Erkrankung – das hat Auswirkungen auf Therapien und Krankenkassenleistungen. Diese Anerkennung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Akzeptanz, weniger Stigmatisierung und besseren Versorgungsangeboten.

Mögliche Behandlungsbausteine:

  • Ernährungsberatung (teilweise über Zusatzversicherung abgedeckt)
  • Bewegungsprogramme (z. B. über Krankenversicherungsboni oder Ärzteverordnung)
  • Verhaltenstherapie: Unterstützung beim Erkennen und Verändern ungünstiger Denk- und Verhaltensmuster
  • Medikamentöse Therapie (z. B. mit GLP-1-Agonisten wie Semaglutid)
  • Bariatrische Operationen (z. B. Magenbypass), bei BMI ≥ 35 mit Folgeerkrankung möglich
  • Interdisziplinäre Programme: Kombination aus Ärzt:innen, Ernährungsfachpersonen, Psycholog:innen und Bewegungstherapeut:innen

Warum ist eine frühe Diagnose so wichtig?

Je früher Adipositas erkannt wird, desto besser sind die Chancen auf eine nachhaltige Umkehr. Viele Betroffene entwickeln im Laufe der Jahre nicht nur körperliche, sondern auch seelische Folgeprobleme: geringes Selbstwertgefühl, soziale Isolation, Depressionen. Diese psychische Last macht es oft schwerer, die notwendigen Schritte allein zu gehen.

Eine frühe Einordnung hilft:

  • medizinische Therapien rechtzeitig zu starten
  • Krankenkassenleistungen geltend zu machen
  • das Fortschreiten von Folgeerkrankungen zu verhindern
  • Motivation aufzubauen, bevor Frust und Verzweiflung überwiegen
  • gezielte Begleitung zu erhalten, statt auf eigene Faust zu scheitern
  • den Teufelskreis aus Gewichtszunahme, Scham und Inaktivität zu durchbrechen

Fazit: Adipositas braucht Klarheit statt Vorurteile

Adipositas ist eine vielschichtige Erkrankung, die nicht allein durch „mehr Disziplin“ gelöst werden kann. Die medizinische Grenze liegt nicht nur beim BMI – sondern dort, wo das Übergewicht die Gesundheit gefährdet.

 

Wer frühzeitig eine Diagnose erhält, kann gezielter handeln und bekommt in der Schweiz zunehmend mehr Unterstützung durch Gesundheitssystem und Krankenkassen. Entscheidend ist, dass wir lernen, Adipositas differenziert und empathisch zu betrachten: als medizinische Herausforderung mit vielen Facetten – aber auch mit vielen Chancen zur Veränderung.

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