Doch so gross das Interesse am Coaching ist, so unklar ist oft die Kostenfrage: Wie viele Sitzungen bezahlt eigentlich die Krankenkasse? Gilt das auch für alle Versicherten? Und worauf musst du achten, damit du nicht auf den Kosten sitzen bleibst? In diesem Ratgeber klären wir die wichtigsten Fakten zur Kostenerstattung bei professioneller Ernährungsberatung – und zeigen dir, wie du die Unterstützung deiner Krankenkasse optimal nutzt.
Was ist Ernährungscoaching überhaupt?
Ernährungscoaching ist eine individuelle Beratung, die sich an deinem aktuellen Essverhalten, deinen gesundheitlichen Zielen und persönlichen Lebensumständen orientiert. Im Gegensatz zur einmaligen Diätberatung geht es hier um eine längerfristige Begleitung und Veränderung deiner Gewohnheiten – alltagsnah, lösungsorientiert und praxisbezogen.
Typische Themen im Coaching:
- Gesunde und nachhaltige Gewichtsreduktion
- Umgang mit Heisshunger und emotionalem Essen
- Ernährung bei Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Reizdarm etc.
- Struktur in den Essalltag bringen (z. B. Schichtdienst, Familie, Stress)
- Einkauf, Zubereitung und Portionsgrössen
- Aufbau von Motivation und Selbstwirksamkeit
Durchgeführt wird das Coaching in der Regel von diplomierten Ernährungsberater:innen (z. B. SVDE) oder spezialisierten Fachpersonen.
Unterschied zwischen Coaching und medizinischer Ernährungsberatung
Wichtig zu wissen: Nicht jedes Coaching ist automatisch eine medizinische Leistung – und wird damit auch nicht zwingend von der Grundversicherung (OKP) übernommen. Die Unterscheidung sieht so aus:
- Medizinisch indizierte Ernährungsberatung: Erfolgt bei einer ärztlich diagnostizierten Erkrankung (z. B. Adipositas, Diabetes, Mangelernährung). Sie wird von einer anerkannten Fachperson durchgeführt, mit ärztlicher Verordnung.
- Ernährungscoaching zur Prävention oder bei allgemeinen Fragen: Erfolgt meist ohne ärztliche Diagnose. Hier ist in der Regel nur eine Kostenerstattung über die Zusatzversicherung möglich – wenn überhaupt.
Wann zahlt die Grundversicherung (OKP)?
Die obligatorische Grundversicherung zahlt dann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Es liegt eine medizinische Diagnose vor – z. B.:
- Adipositas (BMI ≥ 30)
- Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Essstörungen
- Mangel- oder Fehlernährung
- Reizdarmsyndrom oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Zöliakie oder andere chronische Darmerkrankungen
- Ein Arzt stellt eine schriftliche Verordnung aus, auf der klar das Ziel der Beratung sowie die Diagnose angegeben ist
- Die Beratung erfolgt durch eine anerkannte Fachperson, meist mit SVDE-Zertifikat (Schweizerischer Verband der Ernährungsberater:innen)
Nur wenn alle drei Bedingungen erfüllt sind, beteiligt sich die OKP an den Kosten – meist über ein kantonales Tarifsystem geregelt.
Wie viele Sitzungen sind abgedeckt?
Die Anzahl Sitzungen, die von der Grundversicherung übernommen werden, ist kantonal geregelt – das heisst: Es gibt keine einheitliche Regelung für die ganze Schweiz, sondern je nach Wohnkanton leichte Unterschiede.
Im Durchschnitt gelten folgende Richtwerte:
- Grundsätzlich sind 6 Sitzungen pro Kalenderjahr möglich
- In medizinisch komplexen Fällen sind auch bis zu 12 Sitzungen oder mehr möglich – dies muss jedoch gut begründet und vom Arzt entsprechend dokumentiert sein
- Wird eine Behandlung über mehrere Jahre notwendig, braucht es jährlich eine neue ärztliche Verordnung
Einige Kantone und Krankenkassen sind kulant und genehmigen auf Anfrage auch eine höhere Anzahl, sofern die Beratung nachweislich medizinisch notwendig ist und Fortschritte sichtbar sind.
Was wird genau bezahlt – und wie viel?
Die Tarife für medizinisch verordnete Ernährungsberatung sind klar definiert. Derzeit (Stand 2025) gilt:
- Einzelsitzung à 60 Minuten: ca. 70 bis 90 CHF (je nach Kanton und Anbieter)
- Gruppensitzung (z. B. Adipositasgruppe): ca. 25 bis 40 CHF pro Person
Die Kosten werden nach Abzug von Franchise und Selbstbehalt übernommen – das heisst: Erst wenn deine Franchise erreicht ist, beteiligt sich die Kasse.
Tipp: Lasse dir vor Beginn einen Kostenvoranschlag geben – und kläre mit der Kasse, wie viel konkret übernommen wird.
Und was zahlt die Zusatzversicherung?
Hier wird es interessant: Viele Schweizer Krankenkassen bieten über die Zusatzversicherung deutlich mehr Flexibilität und übernehmen auch Coaching-Angebote ohne ärztliche Diagnose.
Beispiele für Leistungen:
- Teilnahme an zertifizierten Abnehmprogrammen (z. B. Oviva, Weight Watchers)
- Individuelle Ernährungsberatung durch diplomierte Fachpersonen
- Online-Coachings oder App-basierte Programme
- Präventionskurse in Gruppen oder digital
Je nach Versicherungsmodell werden zwischen 200 und 800 CHF pro Jahr übernommen – manche Kassen staffeln die Rückerstattung je nach Vertragsart.
Wichtig: Die Leistung muss meist präventiv, zertifiziert oder durch Fachpersonen geleitet sein. Quittungen, Teilnahmebestätigungen und ggf. ein kurzer Bericht sind erforderlich.
Beispiele aus der Praxis
Einige reale Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Handhabung sein kann:
- CSS Versicherung: Erstattet im Rahmen der Zusatzversicherung „myFlex“ bis zu 500 CHF/Jahr für Ernährungsberatung und Gesundheitsförderung
- Helsana: Unterstützt Coaching bei Essverhalten, Online-Beratungen und Bewegungskurse über „Helsana+“
- Swica: Bezahlt bis zu 800 CHF jährlich für Präventionsangebote inkl. Ernährung
- Concordia: Beteiligung an strukturierten Abnehmprogrammen und Einzelberatungen
Wer also über eine gute Zusatzversicherung verfügt, hat deutlich grössere Spielräume.
Wie kannst du deine Chancen auf Kostenübernahme erhöhen?
Wenn du Ernährungscoaching in Anspruch nehmen möchtest und auf eine Beteiligung der Kasse hoffst, helfen dir folgende Tipps:
- Lasse eine ärztliche Abklärung machen, wenn gesundheitliche Gründe vorliegen – das öffnet die Tür zur Grundversicherung
- Wähle eine zertifizierte Fachperson, z. B. SVDE-Ernährungsberater:in – viele Kassen setzen das voraus
- Informiere dich vorab bei deiner Krankenkasse – und lasse dir schriftlich bestätigen, was übernommen wird
- Führe Protokolle über dein Essverhalten oder Fortschritte – dies erleichtert bei Bedarf die Begründung für Folge-Sitzungen
Wann musst du selbst zahlen?
Selbst zahlen musst du, wenn:
- Kein medizinischer Grund vorliegt
- Keine ärztliche Verordnung existiert
- Die Beratung durch nicht anerkannte Anbieter erfolgt (z. B. Fitnesscoaches, selbsternannte Ernährungsberater ohne Ausbildung)
- Die Grundversicherung noch nicht greift (Franchise nicht erreicht)
- Die Zusatzversicherung keine entsprechenden Leistungen enthält
Eine Sitzung kostet im Selbstzahlerbereich zwischen 90 und 150 CHF – abhängig von Anbieter, Region und Dauer.
Was ist mit digitalen Coachings und Apps?
Immer mehr Menschen nutzen digitale Angebote – etwa Apps mit personalisierter Beratung, Video-Coachings oder interaktive Lernprogramme. Einige davon sind inzwischen von Kassen anerkannt, insbesondere wenn sie durch Fachpersonen entwickelt wurden.
Beispiele:
- Oviva Schweiz: App-basiertes Coaching, in vielen Zusatzversicherungen rückerstattbar
- MyCoach: Kombination aus Bewegung, Ernährung und Motivation – bei CSS, Helsana oder Sanitas gelistet
Wichtig ist hier: Anbieter muss anerkannt sein, Angebot qualitativ hochwertig und Kursinhalte nachvollziehbar.
Fazit: Mit der richtigen Vorbereitung gut beraten und entlastet
Ernährungscoaching ist nicht nur hilfreich, sondern in vielen Fällen auch finanziell unterstützt – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Grundversicherung zahlt bei klarer medizinischer Indikation und ärztlicher Verordnung bis zu sechs Sitzungen, in Sonderfällen auch mehr.
Die Zusatzversicherung kann noch deutlich mehr Spielraum bringen – und deckt oft auch präventive und digitale Angebote. Wer sich gut informiert, gezielt verordnet und Belege sammelt, kann so hunderte Franken sparen.
Der wichtigste Tipp: Rede frühzeitig mit deiner Kasse – und hole dir grünes Licht, bevor du startest. So steht deinem persönlichen Weg zur besseren Ernährung nichts mehr im Weg.